Karneval am 11.11. : Hunderte Jecken feiern Sessionsauftakt in Bonn
Bonn Viele Jecken drängen sich auf dem Marktplatz, um mit ihren Tollitäten in die Session 2022/23 zu starten. Sorge vor Corona hatte man dabei nicht. Die Freude trübt allerdings, als OB Dörner von einigen ausgepfiffen wird.
Im dritten Anlauf soll es jetzt aber doch mal klappen. Bonna Nadine I. hat einen Sessionsauftakt nur virtuell erlebt, den nächsten mit 2G-Kontrollaufklebern und vielen Masken vor dem Alten Rathaus. Am Freitag blickte sie auf das närrische Treiben ohne Einschränkungen. So soll es weitergehen. Eins habe sie in den letzten beiden Jahren gelernt, teilte sie kurz nach Sessionsstart den Jecken mit: „Man muss jede Gelegenheit nutzen, die kommt.“
Wer weiß schon, wie lange die aktuelle Unbeschwertheit anhält? Und es gibt ja nicht mehr nur Corona, womit man sich auseinandersetzen muss. Zwei ältere Bonnerinnen, die sich in der Menge aufhielten, hatten sich für die radikale Verdrängungsmethode entschieden: „Mit Bier machen wir weiter bis Aschermittwoch“, meinte Traudel. „Nur so kann man die Stimmung in der Welt aushalten.“ Ängste, zum Beispiel vor Ansteckung, hätten sie nicht, meinten sie und Ingrid. In ihrem Bekanntenkreis seien die Ansichten gemischt. „Einige haben Angst, andere sagen: Was soll’s, damit müssen wir jetzt leben.“
Der Marktplatz war voll, die Leute konnten gerade noch so eine Gasse bilden, damit die Tollitäten und ihre Equipes um 11.11 Uhr von der Rathaustreppe auf die mobile Bühne gehen konnten. Mittendrin standen Kai im Angry-Bird-Kostüm und einige Freunde. Bei ihm merkte man, wie die Ansprüche in den letzten zwei Jahren heruntergeschraubt wurden: Er hoffte nicht auf eine supertolle, sondern einfach auf eine normale Session, „eine wie 2019“. Er habe in den Coronajahren „mitgenommen, was ging“, auch mal eine Sitzung im Auto. „Da habe ich versucht, eine Dose Bier auf die Bühne zu schmeißen für den Höhner-Frontmann.“ Der habe so bedröppelt geguckt. Aber ganz normaler Straßenkarneval ist ihm doch am liebsten.
Unter blauem Himmel kamen Festausschusspräsidentin Marlies Stockhorst und Oberbürgermeisterin Katja Dörner mit dem Bonner Prinzenpaar auf die Bühne. Die OB äußerte die Hoffnung auf „eine tolle gesunde gemeinsame Session“, Stockhorst betonte besonders in diesen Zeiten: „Der Karneval steht für Freiheit, Frieden und Toleranz.“ Ein Wermutstropfen: Dörner wurde von einigen Besuchern bei ihrem Auftritt ausgepfiffen.
Dann durfte endlich Prinz Christoph auch mal reden – bisher musste er auf den Bühnen immer brav schweigen. Auf eine explosive Begrüßung folgte seine kleine Selbstvorstellung. Als Kältetechniker in Wachtberg mache er im normalen Alltag alles kalt, aber in den nächsten Wochen wolle er „ordentlich einheizen“. Man merkte jedenfalls, dass er Lust drauf hatte.
Für ihn war das ja ein neuer Anblick. Für Bonna Nadine, die den Einmarsch durch die Menge schon kannte, war das ein Erlebnis, an das sie sich gewöhnen könnte. Die letzten zwei Sessionen seien „oft sehr schön, aber auch sehr emotional“ gewesen, sagte sie. Sie dankte verschiedenen Personen, besonders aber ihrem Chef Dirk Vögeli, der sie schon im dritten Jahr für dieses Amt freistellt.
Alle Tollitäten auf der Bühne
Auch das Bonner Kinderprinzenpaar und die Tollitäten aus Bad Godesberg, Beuel und Liküra wurden vorgestellt. Einige hatten Fanclubs mitgebracht, die in der Menge standen und Spruchbänder hochhielten. Weiter hinten ärgerte sich Willi Wester ein wenig darüber: „Jetzt kann man gar nichts mehr sehen.“ Bei den Bannerträgern nahm man das gelassen. „Ein bisschen Schwund ist immer“, hieß es bei einer Gruppe. Auch das ist Karneval.
Der Auftakt unter blauem Himmel, mit Musik von Jot drop, de Köbesse, Jedöns, de Angeschwemmte und der Domstadtbande und ohne besondere Regeln ist jedenfalls geglückt und macht Mut für den Rest der Session. „Wir hoffen, dass es so wird, wie wir es uns wünschen“, sagten Eva Baukhage und Feli Riecke von den Flüssigen. Ob sie nach zwei dürftigen Karnevalsjahren sofort wieder in Fahrt kommen? „Das braucht einen Moment, aber dann ist wieder alles gut.“
Große Party von und für Rainer Abels
Für zahlreiche Ex-Prinzen und Ex-Bonnas begann der Sessionsauftakt schon früher am Morgen. Ex-Prinz Rainer I. (Abels) feierte ein närrisches Jubiläum: Er war vor elf Jahren Prinz Karneval in Bonn. Aus diesem Anlass hatte er mehrere hundert Karnevalisten ins Zeughaus der Bonner Ehrengarde eingeladen.
Dort gab es ab 9 Uhr Frühstück und einen mitreißenden Auftritt der Gulaschkapell aus Erpel. Danach zog der Tross zum Alten Rathaus und jubelte dem neuen Prinzenpaar zu. Im Anschluss an den Sessionsauftakt marschierten die Apfelsine Funke samt Anhang ins S-Carré und feierten bis in den späten Abend.
Rainer Abels war jedenfalls überglücklich: „Diesen Tag werde ich so schnell nicht vergessen. Es war überwältigend.“